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Rezension

Daniel Kehlmann landete mit seinem 2006 erschienenen Roman „Die Vermessung der Welt“ einen der größten deutschen Bucherfolge der letzten Jahrzehnte. In der Bestsellerliste der Zeitschrift „Der Spiegel“ stieg er auf Platz 1 und blieb dort 35 Wochen lang. Auch im amerikanischen Magazin „Publishing Trends“ stand er 2007 auf Platz 2 der meistverkauften Romane. Bis jetzt wurden die Übersetzungsrechte an beinahe 30 Länder verkauft.

Der Roman beginnt 1828 mit einem Aufeinandertreffen von Carl Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt in Berlin. Von diesem Treffen an stehen die beiden Wissenschaftler in Kontakt miteinander und tauschen sich über ihre Projekte aus.

In einer Rückblende wird über ihre Kindheit, ihre verschiedenen Entdeckungen und ihr Altern berichtet. Die Kapitel wechseln zwischen Humboldt, der die Welt bereist und Gauß, der meist an einem Ort bleibt. Beide waren im Verlauf ihres Lebens auch als Landvermesser tätig, was dem Titel eine ganz praktische Bedeutung zumisst.
Die beiden Hauptfiguren werden im Buch von je einer Bezugsperson begleitet: Gauß von seinem Sohn Eugen und Humboldt von seinem Assistenten Bonpland, die den wahren Charakter der zwei Wissenschaftler hervortreten lassen, d.h. durch sie wird klar, wie schwer es den beiden fällt mit anderen Menschen umzugehen.

Kehlmann überspitzt und karikiert die Charakter von Humboldt und Gauß, vergisst dabei aber nicht den historischen Hintergrund. Durch die Einbeziehung mathematischer sowie geschichtlicher Fakten und die Erfindung mancher Begebenheiten wird sein Werk zu einem Spiel mit dem typischen historischen Roman. Er legt den Schwerpunkt nicht auf die historische Epoche, erwähnt aber beiläufig die mathematischen Methoden des 19.Jahrhunderts. Trotzdem geht es ihm eher um die Personen, insbesondere um den Charakter der Wissenschaftler.
Dem aufmerksamen Leser sollte allerdings aufgefallen sein, dass er auch ganz bewusst mitteilt, dass das Buch keine wissenschaftliche Arbeit, sondern vielmehr eine geschichtliche Komödie darstellt. Das macht Kehlmann auf eine sehr sympathische Art klar: er lässt seine Charaktere zu Wort kommen; so beschwert Gauß sich bereits zu Beginn des Romans darüber, dass „…jeder Dummkopf in zweihundert Jahren sich über ihn lustig machen und absurden Unsinn über seine Person erfinden könne.“ Auch aus mancher von Humboldts Bemerkungen könnte man ähnliches schließen, aber Gauß bringt seine Abneigung für „…Romane, die sich in Lügenmärchen verlören, weil der Verfasser seine Flausen an die Namen geschichtlicher Personen binde“ direkt zum Ausdruck.
Kehlmanns Roman handelt aber nicht nur von zwei genialen Männern, sondern er zeigt, dass auch Genies nur normale Menschen sind, zum Teil sehr unangenehme Menschen. Durch die wechselnden Kapitel verdeutlicht er den Unterschied zwischen dem Theoretiker Gauß und dem Experimentalwissenschaftler Humboldt, macht aber auf ihre größte Gemeinsamkeit aufmerksam: sie sind beide hochintelligent, aber sozial vollkommen inkompetent.
„Die Vermessung der Welt“ zeigt die schrecklichen egoistischen Charakterzüge, die Unsicherheit im Umgang mit Anderen, im Großen und Ganzen die Menschlichkeit zweier geschichtlicher Größen. Auch das Ende des Romans zeigt, dass jeden Mensch eines im Leben ganz sicher mitnimmt: das Alter. Humboldt wird nicht mehr ernst genommen, wirkt verwirrt und auf seiner letzten Reise wird ihm jegliche Arbeit abgenommen. Er ist alt geworden. Gauß beginnt auf ein Zeichen seiner lange verstorbenen Frau zu warten, beschäftigt sich mit Sterbestatistiken und nickt mitten auf der Straße ein. Auch er ist alt geworden.

Alles in Allem halte ich „Die Vermessung der Welt“ für ein überaus gelungenes geschichtlich-komödiantisches Werk eines begabten jungen Schriftstellers. Absolut empfehlenswert, unterhaltsam und auch lehrreich.

                                                                                                        Nora Knoblich
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